Der Spanische Erbfolgekrieg 1701 - 1714 - Ursache des Aufruhrs in Bayern1)

 

Die Parole „Lieber bayerisch sterben, als in des Kaisers Unfug verderben!“ wird als Ausdruck einer tiefen Verzweiflung betrachtet, die zur Rebellion gegen eine als ausweglos empfundene Situation führte. Die Zeit des Barock war auch eine Blütezeit des Fürstenabsolutismus, in der die Herrscher dem Krieg eine hohe Bedeutung in der Gestaltung der zwischenstaatlichen Beziehungen einräumten.

 

Ursache der Krise

Als Auslöser der Krise steht der bayerische Kurfürsten Max Emanuel im Mittelpunkt. Max Emanuel strebte nach Macht und Ansehen und hatte das Ziel, sich zum König zu erheben. Durch seine militärischen Erfolge, insbesondere die Erstürmung Belgrads, erlangte er Ruhm und Anerkennung in Europa. Er erhielt verlockende Bündnisangebote von Ludwig XIV. von Frankreich und Kaiser Leopold I., die ihm eine Standeserhöhung und die Statthalterschaft in den Spanischen Niederlanden versprachen.

 

Max Emanuel sah dies als Zwischenetappe auf dem Weg zu noch höheren Ehren und Würden. Die Chance dazu bot sich durch das spanische Erbe, da dessen Sohn, der bayerische Erbprinz Joseph Ferdinand vom spanischen König Karl II als Universalerbe eingesetzt wurde. Allerdings starb Joseph Ferdinand unerwartet, was nicht nur die Pläne von Max Emanuel zerstörte, sondern auch zu einer Krise in Europa führte.

 

Nach dem Tod des spanischen Königs Karl II. entstand ein Konflikt zwischen Frankreich, das Philipp zum spanischen König proklamierte, und Österreich, das die Ansprüche von Karl VI. durchsetzen wollte. Die Seemächte England und Holland unterstützten Österreich. Ludwig XIV. besetzte die Spanischen Niederlande, was Max Emanuel als Statthalter in den Konflikt hineinzog.

 

Max Emanuel hatte die Entscheidung zu treffen, ob er an der Statthalterschaft festhalten und sich am Krieg beteiligen wollte. Aufgrund seines Ehrgeizes entschied er sich für die Statthalterschaft und schloss ein Bündnis mit Frankreich. Dies führte dazu, dass der Spanische Erbfolgekrieg 1703 mit voller Wucht über Bayern hereinbrach.

 

Bayern wurde zum Kriegsschauplatz, auf dem bayerische und französische Armeen gegen (kaiserliche) österreichische und englische Verbände kämpften. Die Oberpfalz wurde von kaiserlichen Truppen erobert, und der Krieg endete schließlich 1704 mit einer vernichtenden Niederlage der französischen und bayerischen Armeen bei Höchstadt.

Max Emanuel verließ Bayern und kehrte als Statthalter in die Spanischen Niederlande zurück, während seine zweite Frau Therese Kunigunde die Regentschaft in Bayern übernahm.

 

Bayern unter kaiserlicher (österreichischer) Administration

Nach der Niederlage bei Höchstädt wurde Bayern von kaiserlichen Truppen besetzt und der kaiserlichen Administration unterstellt. Das Land litt unter den finanziellen und wirtschaftlichen Folgen der ehrgeizigen Politik von Kurfürst Max Emanuel. Die Türkenkriege und die Hofhaltung als Statthalter der Spanischen Niederlande hatten das Land finanziell ausgezehrt.

 

Der Spanische Erbfolgekrieg brachte zusätzliche Kosten und Verwüstungen mit sich. Bayern wurde von der kaiserlichen Administration ausgebeutet, um das Haus Habsburg vor dem Ruin zu retten. Hohe Abgaben wurden erpresst, Steuern wurden drastisch erhöht und mit Gewalt eingetrieben. Bayern diente als Fundus, um die Ressourcen der Habsburger aufzustocken.

 

Der Winter 1704/05 brachte zusätzliches Leid, da die Bauern gezwungen waren, die Soldaten zu versorgen, während sie selbst kaum genug zum Überleben hatten. Teile der Oberpfalz wurden von ausländischen Truppen geplündert. Die Situation führte zu wachsender Unruhe und Furcht vor einer Eskalation.

 

Nach dem Tod von Kaiser Leopold I. und dem Regierungsantritt von Joseph I. verschlechterte sich die Lage dramatisch. Joseph I. hegte eine tiefe Abneigung gegen Max Emanuel und erklärte, dass Bayern dem Kurfürsten unnütz sein solle. Er erhöhte die Steuerlast im Land und besetzte die Stadt München. Die Bevölkerung litt unter weiteren Einquartierungen und Truppendurchzügen.

 

Es kam zu Zwangsaushebungen von Rekruten für die kaiserliche Armee, die von August bis Oktober 1705 zu Gewaltexzessen gegen die Landbevölkerung führten. Viele junge Männer flohen in die Wälder, um der Zwangsrekrutierung zu entgehen. Die Aussicht, in den kaiserlichen Diensten in Italien zu kämpfen, war einer der Hauptgründe für den Aufstand. Die Menschen bevorzugten den Tod in Bayern gegenüber dem Unglück fern der Heimat.[2]




 

 

Gründe für das Scheitern des Aufstandes

Der Aufstand scheiterte aus verschiedenen Gründen. Es gab ein deutliches Organisationsdefizit, da es nicht gelang, die verschiedenen Aktionen im Land zu koordinieren und ihnen eine größere Durchschlagskraft zu verleihen. Der Aufstand blieb auch auf die Schicht der Bauern und ländlichen Bevölkerung beschränkt und fand kaum Unterstützung von höheren Schichten wie dem Bürgertum, dem Adel oder dem Klerus. Diese Schichten distanzierten sich aufgrund von Übergriffen und Ausschreitungen der Aufständischen und befürchteten einen allgemeinen Umsturz.

 

Militärisch betrachtet waren die Erfolgsaussichten der Aufständischen gering. Sie waren den Besatzungstruppen zahlenmäßig überlegen, aber in waffentechnischer, disziplinarischer, taktischer und strategischer Hinsicht deutlich unterlegen. Zudem fehlte ihnen Kampferfahrung, was zu Panik in entscheidenden Situationen führte.

 

Es gab keine einheitliche politische Führung oder Zielsetzung innerhalb der Aufstandsbewegung. Selbst wenn es eine solche gegeben hätte, wäre es unwahrscheinlich gewesen, dass die kaiserliche Seite ernsthafte Verhandlungen mit den Aufständischen eingegangen wäre. Aufständische wurden nicht als legitimierte Verhandlungspartner angesehen. Die ablehnende Haltung des Reichstags gegenüber einer Resolution der Aufständischen unterstreicht dies.

 

 

Letztendlich standen die Aufständischen von Anfang an vor einer nahezu aussichtslosen Situation, es sei denn, die allgemeine Lage in Europa hätte sich dramatisch zu Gunsten der Aufständischen verändert, was jedoch nicht der Fall war.

Ergebnisse und Folgen des Aufstands

Die Bilanz des Aufstands ist deprimierend. Bayern blieb weiterhin von kaiserlichen Truppen besetzt, und zwischen 7.000 und 8.000 Menschen hatten ihr Leben verloren. Der verursachte Schaden wurde auf 7,3 Millionen Gulden geschätzt. Dennoch hatte der Aufstand Auswirkungen.

 

Trotz der anhaltenden Belastungen durch Steuern und Forderungen der Besatzungsmacht wurden diese zumindest nicht weiter erhöht. Die kaiserliche Administration bemühte sich verstärkt, Übergriffe der Truppen gegenüber der Zivilbevölkerung zu unterbinden, und Zwangsaushebungen von Soldaten wurden eingestellt.

 

Die Aufständischen erhielten am 5. Januar 1706 eine Generalamnestie, um die Situation zu beruhigen. Die Haupträdelsführer und Widerstandskämpfer wurden jedoch hart verfolgt. Einige wurden hingerichtet, während andere zu Gefängnisstrafen, Geldstrafen oder zur Verbannung verurteilt wurden. Der Besitz der Verantwortlichen wurde konfisziert und ihre Häuser zerstört.

 

Obwohl einige harte Strafen verhängt wurden, kamen die meisten Aufständischen vergleichsweise glimpflich davon. Die Verfolgung wurde nach einer gewissen Beruhigung der Verhältnisse gemildert, und viele konnten ihre Karrieren in Bayern fortsetzen.

 

 

Insgesamt lässt sich sagen, dass der Aufstand trotz seines Scheiterns einige begrenzte Verbesserungen für die Bevölkerung brachte, indem zumindest die Steuerlast nicht weiter erhöht wurde und die Übergriffe der Truppen reduziert wurden.

Bewertung des Aufstands

Eine Bewertung des Aufstands von 1705/06 ist aufgrund verschiedener Gründe schwierig. Der Aufstand wurde im 19. und frühen 20. Jahrhundert glorifiziert und heroisiert, um verschiedene Interessen zu bedienen. Er wurde als Katalysator für ein modernes bayerisches Nationalbewusstsein genutzt und als Ausdruck der Treue zum Herrscherhaus der Wittelsbacher dargestellt.

 

 

Die Bewertung des Aufstands wird jedoch durch widersprüchliche und heterogene Quellenangaben erschwert. Es ist schwierig, eine eindimensionale Charakterisierung vorzunehmen, da verschiedene Aspekte eine Rolle spielen. Entscheidend für die Charakterisierung des Aufstands sind die Gründe, die zu seiner Entstehung führten. Die hohe Belastung des Landes durch Kriege, Besatzung und Verwüstungen führte zu einer Rebellion gegen die eigene Landesführung.

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[1] Zusammenfassung mittels ChatGPT von "Lieber bayerisch sterben, als in des Kaisers Unfug verderben!" 1705 - Bayern in Aufruhr, Prof. Dr. Schmid, Peter (1945-), Abensberg : Verl. d. Weltenburger Akad. Aventinum e.V., 2005;